Berlin mag groß und bisweilen unübersichtlich sein, manche Dinge sind hier aber offenbar ganz einfach. So haben wir jüngst gelernt: Durch den Görlitzer Park spazieren, das macht man nicht. Jedenfalls haben mir das gleich zwei Leute erklärt, als ich ihnen erzählte, wo wir am Tag zuvor waren.
Wir reden hier übrigens nicht von nächtlichen Streifzügen durch dunkle Grünanlagen. Es war Sonntagnachmittag, wir waren mit vier Erwachsenen und einem Kind in Kreuzberg unterwegs. Und sind dann mehr oder weniger zufällig im berüchtigten „Görli“ (siehe Foto; diese Zeilen stehen im Stadtführer „Berlin für junge Leute“) gelandet. Wir haben noch gescherzt, dass wir jetzt gut aufpassen müssen. Und dann sind wir – Trommelwirbel – einfach durch den Park gelaufen. Niemand hat uns Drogen angeboten|blöd angequatscht|überfallen. Nichts ist passiert. Allerdings: Unterhaltsam war es.
Ja, im Görlitzer Park gibt es auch am helllichten Tag allerhand zwielichtige Gestalten. Ich würde eher nicht allein dort unterwegs sein wollen. Erst recht nicht in der Dunkelheit. Aber an einem Sonntagnachmittag sind neben den Dealern – von denen es zwar viele gibt, die aber zumindest an diesem Tag entspannt auf den Bänken hockten, auf Kundschaft warteten und uns in Ruhe ließen – auch viele Familien im vermeintlichen Sperrgebiet unterwegs. Mittendrin gibt es sogar einen Kinderbauernhof (!). Und ganz viele Rutschen, die Luise natürlich alle ausprobieren wollte.
Mein persönlicher Höhepunkt war indes eine Szene, die sich vermutlich nur an einem Ort wie diesem so abspielen kann: Ein junges Mädchen diskutierte mit ein paar Dealern (und hielt es auch überhaupt nicht für nötig leiser zu sprechen, als wir vorbeikamen). Sie sei alt genug, um bei ihnen einzukaufen, das könnten sie ihr glauben. Taten die Jungs nicht. Und ich war tatsächlich ein wenig beeindruckt ob ihrer Fürsorge. „Meine Mutter ist auch hier, die kann euch das bestätigen“, insistierte das Mädchen. Und einer der Dealer antwortete, dann solle sie mit ihrer Mutter wiederkommen. Hat das Mädchen dann auch getan. Koks kaufen mit Mutti. Gibt’s das am Bielefelder Bahnhof auch?
Wir sind völlig perplex weitergegangen. Und ich habe Luise direkt klar gemacht, dass ich ihr garantiert niemals Drogen kaufen werde. Das macht man nämlich wirklich nicht.